Kongo: Jetzt mehr als 150 BEBUC-Stipendiaten
02.10.2014Das Stipendienprogramm BEBUC, das herausragende Studierende und Schüler im Kongo auf ihrem Weg zu einer Professur fördert, hat erneut Stipendiaten und neue Kandidaten im Osten des Kongo begutachtet. Erstmals waren auch Studierende aus Kisangani beteiligt, einer Stadt im Norden des Landes.
Damit ist BEBUC seinem Ziel, ab circa 2018 jedem herausragenden jungen Kongolesen die Chance zu geben, sich um eine Förderung zu bewerben, näher gekommen. Das Stipendien-Programm hat sich zum Ziel gesetzt, dem Kongo eine neue Generation von exzellenten jungen Professoren zu geben – durch Auswahl der besten Studierenden und deren Unterstützung – nicht nur finanziell, sondern auch durch Beratung und Begleitung bis zur Professur.
Mit der Aufnahme von Stipendiaten aus der Stadt Kisangani ist BEBUC nun in fünf großen Zentren strukturiert: Die Institutionen im Westen (Kinshasa, Kikwit und Mbanza Ngungu sowie Brazzaville im nahen 'kongolesischen Ausland'), im Süden (Lubumbashi) und im Zentrum (Mbuji-Mayi) werden immer im März evaluiert, während die Einrichtungen im Osten (Butembo, Goma und Bukavu) – und nun auch im Norden (Kisangani) – im September an der Reihe sind.
Diesem Rhythmus folgend reiste das Evaluierungs-Komitee unter der Leitung von Professor Gerhard Bringmann vom Lehrstuhl I für Organische Chemie der Uni Würzburg nun in den Ostkongo.
Begutachtung in Bukavu, Hauptstadt der Provinz Süd-Kivu
Erste Station war die Provinzhauptstadt Bukavu, am Kivu-See gelegen und zugleich an der Grenze zu Ruanda. Dort sind seit 2012 drei Einrichtungen am Exzellenzstipendienprogramm beteiligt: die Université Catholique de Bukavu (UCB), die Université Officielle de Bukavu (UOB) und das Collège Alfajiri. Die dort bislang geförderten Stipendiaten wurden zusammen mit jenen von der Université Libre des Pays des Grands Lacs (ULPGL), die aus Goma angereist waren, geprüft, fast alle bekamen die Stipendien aufgrund ihrer herausragenden Leistung verlängert.
Darüber hinaus wurden fünf neue Stipendiaten aus Goma aufgenommen, zwei davon erstmals auch vom bislang nicht teilnehmenden Gymnasium Institut Metanoïa. Besondere Freude herrschte über das Angebot der UCB, BEBUC dauerhaft einen eigenen Seminarraum zur Verfügung zu stellen. Dort werden in Zukunft die Begutachtungen stattfinden.
Abgeschlossen wurde die Begutachtung in Bukavu mit einer feierlichen Stipendien-Zeremonie, bei der mehr als 20 frischgebackene oder verlängerte Stipendiaten ihre Urkunde überreicht bekamen.
Besuch im Krankenhaus Panzi
Ein Höhepunkt des Aufenthalts in Bukavu war der Besuch des Krankenhauses Panzi, das mit der Université Evangélique en Afrique (UEA) assoziiert ist und eng mit Brot für die Welt zusammenarbeitet. Ein wichtiger Schwerpunkt des Krankenhauses ist die Gynäkologie, insbesondere die Behandlung von sexuell misshandelten Frauen. In diesem Bereich gilt Panzi sogar als Referenzhospital, hier wurden bereits 40.000 Frauen behandelt.
Mit dem Direktor und Gründer des Krankenhauses, Dr. Denis Mukwege, wurden Möglichkeiten der Zusammenarbeit vereinbart, die vor allem auch die Spezialisierung (Masterstudium) von BEBUC-Stipendiaten vorsehen. Dr. Mukwege erhielt 2013 den Alternativen Nobelpreis.
Medizinisch-wissenschaftliche Kooperationen wurden auch vereinbart auf dem Gebiet der Suche nach neuen Wirkstoffen gegen Infektionskrankheiten aus natürlichen Quellen wie Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen. Auf Würzburger Seite ist hier vor allem der Sonderforschungsbereich SFB 630 zu nennen ("Wirkstoffe gegen Infektionskrankheiten"), dessen Sprecher Gerhard Bringmann ist.
Aktivitäten in Goma, Hauptstadt der Provinz Nord-Kive
Ein weiterer Höhepunkt der Reise war der Besuch des berühmten Krankenhauses HEAL Africa in Goma, ebenfalls am Kivu-See, das sich unter anderem um Kriegsverwundete kümmert. HEAL steht für Health, Education, Action, Leadership. Mit dieser Einrichtung arbeitet BEBUC schon jetzt auf dem Gebiet von Spezialisierungsstudien und Trainingskursen für Stipendiaten zusammen, gefördert vor allem durch die Holger-Pöhlmann-Stiftung aus Margetshöchheim bei Würzburg. Die Stipendien selbst und die Infrastruktur von BEBUC werden großzügig durch die Else-Kröner-Fresenius-Stiftung unterstützt sowie durch private Paten.
Ein weiteres Glanzlicht der Reise war der Besuch des Zentrums CERPI (Center for Research on Poverty and Inequalities), das kürzlich unter der Leitung von Nene Morisho und Christian Kaghoma – zwei ehemaligen BEBUC-Stipendiaten, jetzt Professoren für Wirtschaftswissenschaften in Bukavu – und unter Mitwirkung weiterer BEBUC-Stipendiaten gegründet wurde. Im Osten des Kongo gibt es viele Initiativen "von außen" zu Fragen von Gesundheit und Frieden, CERPI hingegen ist ausschließlich durch die Initiative junger Kongolesen entstanden, die sich auf diesem wichtigen Gebiet interdisziplinär zusammengetan haben.
In Goma fand später (auf der Rückreise) an der Université Libre des Pays des Grands Lacs (ULPGL) auch eine 'Bücherzeremonie' statt: Bringmann überreichte dort symbolisch ein Buch, stellvertretend für eine Spende von über zehn Tonnen Fachbüchern und Glasgeräten, die er – unterstützt durch die Universität Würzburg, die Diözese Würzburg, das evangelisch-lutherische Dekanat Würzburg, die Firma Boehringer-Ingelheim und den Präsidenten der Universität Würzburg, Alfred Forchel – auf den Weg gebracht hatte. Bringmann lobte auch die Mithilfe des deutschen Botschafters in Kinshasa, Dr. Wolfgang Manig. In Goma wurden zudem acht Stipendienurkunden überreicht. Die ULPGL nimmt seit 2012 am Exzellenzstipendienprogramm teil. Auch sie hat BEBUC nun einen eigenen Seminarraum zur Verfügung gestellt.
Begutachtung in Butembo
In Butembo schließlich wurden Stipendiaten und neue Kandidaten von gleich fünf Einrichtungen evaluiert: von der Université Catholique du Graben (UCG), die bereits seit 2010 bei BEBUC mitmacht, der Université Officielle de Ruwenzori (UOR), der ULPGL-Butembo, dem Gymnasium Institut Kambali und der Grundschule Nyuki.
Auftakt der Stipendien-Zeremonie war eine Schweigeminute für Professor Axel Rethwilm von der Universität Würzburg, der kürzlich verstorben ist. Er hatte noch 2013 trotz seiner schweren Krankheit an den Evaluierungen teilgenommen und war selbst persönlicher Pate eines BEBUC-Stipendiaten, des Medizinstudenten Gabriel Bunduki, gewesen. Zur großen Freude dieses Studenten konnte Bringmann feierlich verkünden, dass Professor Alfred Forchel, Präsident der Uni Würzburg, gerne die Patenschaft weiterführt, gewissermaßen als Vermächtnis von Axel Rethwilm. Als Ergebnis der Begutachtung in Butembo wurden dort nun Zertifikate an 27 Stipendiaten ausgehändigt.
Beteiligung von Kisangani
Erstmals waren bei dieser Begutachtung Kandidaten aus dem Norden des Landes dabei, von der Université de Kisangani (UNIKIS). Sie kommen aus den Fächern Biologie, Biotechnologie und Chemie. Die Studenten waren die weite Strecke von über 800 Kilometern angereist, um an der Evaluierung in Butembo teilzunehmen. Zwei von ihnen haben es geschafft und sind nun die ersten BEBUC-Stipendiaten aus Kisangani.
Stattliches Ergebnis
Damit gibt es nun im Osten des Kongo insgesamt 56 Stipendiaten und im Norden zwei. Insgesamt fördert BEBUC nun 157 herausragende junge Kongolesen an 16 Unis, sechs Gymnasien und zwei Grundschulen. Beeindruckend sind vor allem die Leistungen. So hatten heuer BEBUC-Stipendiaten das beste Abitur in beiden Bundesländern: Bienfait Kabuyaya in Nord-Kivu und Gauthier Murhula in Süd-Kivu.
Dabei ist der Anteil an Frauen und Mädchen mit ca. 33 Prozent zwar kleiner als der der männlichen Stipendiaten, wächst aber mit jedem Jahr weiter an. „Das ist ein besonderes Herzensanliegen von BEBUC“, so Bringmann.
Das Evaluierungskomitee
Auch das Begutachtungsteam hat sich in der Zwischenzeit weiterentwickelt: Neben Gerhard Bringmann aus Würzburg und Professor Virima Mudogo von der Universität Kinshasa (und Würzburger Alumnus), die das Stipendienprogramm 2008 gemeinsam ins Leben gerufen haben, sowie Dr. Karine Ndjoko, die diesmal nicht teilnehmen konnte, und dem Tropenmediziner Hypolite Mavoko aus Kinshasa war nun erstmals auch Julien Bobineau mit dabei.
Bobineau ist Doktorand in der Romanistik an der Uni Würzburg und aktiv im Jungen Afrikazentrum. Er erforscht in seiner Doktorarbeit Mythos und Wirklichkeit von Patrice Lumumba, dem ersten Premierminister der Demokratischen Republik Kongo. Lumumba wurde 1961, wenige Monate nach der Unabhängigkeit des Landes, ermordet. Bobineau bereichert das Prüfungskomitee durch seine Kongo-spezifische geisteswissenschaftliche Expertise.
Reise nach Malawi
Im Anschluss an die Evaluierung besuchte Bringmann das College of Medicine der University of Malawi in Blantyre. Sein Gastgeber war Professor Lutz Heide von der Uni Tübingen, der dort einen zweijährigen Forschungsaufenthalt verbringt. Heide ist seit langem aktiver Pate im Stipendienprogramm und hatte Bringmann eingeladen, BEBUC vorzustellen. Ziel dabei war es, Möglichkeiten zur eruieren, in Malawi ein ähnliches Programm auf die Beine zu stellen, verbunden mit einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich der Infektionsforschung im Rahmen des SFB 630.
Kontakt
Prof. Dr. Gerhard Bringmann, T (0931) 31-85323, bringman@chemie.uni-wuerzburg.de