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THE BRINGMANN GROUP: BIOACTIVE COMPOUNDS FROM NATURE

Stipendien-System: Viele neue Partner im Kongo

29.03.2012

Mit frisch unterzeichneten Kooperationsverträgen im Gepäck ist Professor Gerhard Bringmann von einer Reise in die Demokratische Republik Kongo zurückgekehrt: Die Universität Würzburg hat nun auch Partnerschaftsabkommen mit sechs Universitäten in Bukavu, Goma und Butembo im Osten sowie in Kikwit und Mbanza-Ngungu im Westen des Landes. Partnerverträge wurden auch mit drei Gymnasien geschlossen. Somit nehmen insgesamt elf kongolesische Partnereinrichtungen am Stipendiensystem BEBUC teil, das den wissenschaftlichen Nachwuchs im Kongo fördert.

Beim kongolesischen Erziehungsminister (von links): Prof. M. Bokolo, Prof. L.N. Mashako (der Minister), G. Bringmann, V. Mudogo, K. Ndjoko und M. Gulungana (Directeur de Cabinet). Foto: G. Ohelo

Es waren zwei anstrengende Wochen für Gerhard Bringmann, Inhaber des Lehrstuhls für Organische Chemie I der Uni Würzburg und Ehrenmitglied der Uni Kinshasa, Professor Virima Mudogo, ehemaliger Vizepräsident der Uni Kinshasa und Alumnus der Uni Würzburg, Dr. Karine Ndjoko Ioset von der Uni Genf und die weiteren, lokalen Mitglieder des Ausschusses für die Vergabe der BEBUC-Exzellenzstipendien: Sie haben weit über 100 vorausgewählte Kandidaten von insgesamt elf Einrichtungen in Auswahlgesprächen geprüft. Insgesamt 62 erhielten am Ende die begehrten Stipendien. Diese sollen es den jungen Kongolesen gestatten, zügig und mit Tiefgang zu studieren.

Vergeben wurden Stipendien für das Bachelor-Studium im Kongo und für das Master-Studium, entweder an einer guten afrikanischen Universität oder im Kongo, dann aber mit der experimentellen Arbeit in Europa oder den USA. Hinzu kommen Stipendien für die Doktorarbeit und für junge Wissenschaftler, die im Ausland tätig sind und in den Kongo zurückkehren möchten. Erstmals gab es zudem Stipendien für besonders gute Gymnasiasten.

Erweiterung um sechs zusätzliche Universitäten


„Neben unseren langjährigen Partnern, der Université de Kinshasa und der Université Catholique du Graben in Butembo, haben wir nun auch die Université Catholique de Bukavu, die Université Officielle de Bukavu, die Université Libre des Pays des Grands Lacs in Goma, die Université Officielle de Ruwenzori in Butembo, die Université de Kikwit und die Université Kongo in Mbanza-Ngungu in das Stipendien-System eingebunden“, so Bringmann. Alle diese Orte besuchte das Evaluierungs-Komitee, nur die Kandidaten aus dem Westen des Landes wurden allesamt in Kinshasa ausgewählt.

Aufruf des kongolesischen Erziehungsministers

Die neuen Universitäten hatten sich um die Aufnahme in das BEBUC-Programm beworben. Grundlage dafür war ein Aufruf des kongolesischen Ministers für Hochschulerziehung. Geplant ist, in Absprache mit dem Minister, bis zum Jahr 2018 schrittweise alle leistungsstarken Universitäten im Kongo in das System mit einzubeziehen. Vier Zielregionen wurden dafür definiert: der Westen mit Kinshasa als Zentrum; außerdem der Norden (Kisangani), der Osten (Butembo, Goma oder Bukavu) und der Süden (Lubumbashi). Schwerpunkt war diesmal die Strukturierung im Osten und zum Teil auch schon im Westen des Landes.

Erstmals Stipendien für Gymnasiasten

„Die Erfahrungen mit dem Stipendien-System haben gezeigt, wie wichtig es ist, auch Gymnasien mit einzubeziehen. Denn schon an den Schulen entscheidet sich, ob jemand – je nach Geschlecht und sozialer Herkunft – überhaupt eine Chance hat, an die Universität zu gehen“, so Bringmann. Diese Idee zu verwirklichen, scheine aber unendlich mühsam, denn Gymnasien sind dezentral und damit viel schwerer in der Breite zu erreichen. „Dennoch haben wir schon jetzt in einem Pilotprojekt drei Gymnasien in die Evaluierung mit einbezogen: Die Groupe Scolaire du Mont Amba in Kinshasa, das Collège Alfajiri in Bukavu und das Institut Kambali in Butembo“, erklärt Bringmann. An diesen drei Schulen wurden nun erstmals acht Stipendiaten im Alter von 14 bis 16 Jahren ausgewählt.

Die frühe Einbindung von Schülern sei ein vielversprechender Ansatz, um gerade bei Mädchen und Kindern aus ärmeren Familien einen Studienabbruch zu verhindern. „Häufig gibt es dramatische Leistungseinbrüche bei den Kindern, wenn die Eltern ihre Arbeit verlieren oder sterben“, so der Würzburger Professor. Dann seien es häufig zuerst die Mädchen, die zugunsten der männlichen Familienmitglieder aus der Ausbildung herausgenommen werden. Diesem Mechanismus wirke das Stipendien-System entgegen.

Wie Stipendiaten ausgewählt werden

Auf das Stipendien-System aufmerksam gemacht werden Schüler und Studierende durch Aushänge, Aufrufe in Radio und Fernsehen und durch Mitteilungen der Universitäts- oder Schulleitungen. In Informationsveranstaltungen wird erklärt, wie ein Lebenslauf zu schreiben und eine Bewerbung zu verfassen ist.

Die Besten werden dann von einem lokalen Evaluierungs-Komitee vorausgewählt. Die weitere Begutachtung erfolgt in einem mündlichen Verfahren. Dieses beginnt mit einem zehnminütigen Vortrag an der Tafel. Es folgt eine Befragung zum gewählten Fachthema, aber auch zu Zukunftsplänen und Visionen. Auch ihre Englischkenntnisse müssen die Kandidaten unter Beweis stellen.

Wer sein Stipendium verlängert bekommen will, wird ausschließlich in englischer Sprache geprüft. Master- und Doktorarbeits-Kandidaten müssen darüber hinaus zukunftsorientierte Pläne erarbeiten. Sie haben darzulegen, in welchem für den Kongo relevanten Spezialisierungsfach sie ihr Studium und ihre Forschungsarbeiten durchführen wollen und wie sie sich nach ihrem Auslandsaufenthalt die Rückkehr in den Kongo vorstellen.

Feierliche Zeremonien mit Vertragsunterzeichnung

Verliehen wurden die Stipendien- und Verlängerungs-Urkunden in feierlichen Zeremonien in Bukavu, Goma, Butembo und Kinshasa, jeweils gemeinsam mit allen am Ort beteiligten Einrichtungen. Auch das ist ein Ziel des Exzellenzstipendien-Programms: das „Zusammenschweißen“ der teilnehmenden Universitäten und Gymnasien.

Bei den Feiern stellte Gerhard Bringmann das Stipendien-System vor und es gab Ansprachen der Rektoren sowie Dankesworte der Stipendiaten – natürlich in englischer Sprache. Außerdem wurden die von Würzburger Seite bereits unterschriebenen Kooperationsverträge mit den sechs neuen Universitätspartnern und den drei Gymnasien unterzeichnet. Damit ist die Uni Würzburg im Kongo nun mit insgesamt acht Universitäten und drei Gymnasien vertraglich verbunden.

Fünf BEBUC-Preisträger geehrt

Herausragende Stipendiaten bekamen bei den Feiern erstmals Preise verliehen, die BEBUC Awards 2012. Die fünf Preisträger sind Tania Bishola (Biologie), Arindo Akweni (Agronomie), Tobit Liyandja (Biologie), Héritier Beya (Physik) und Félix Katele (Chemie). Sie alle haben über mindestens drei Studienjahre hinweg mit sehr guten Leistungen geglänzt und sich zudem für die Allgemeinheit eingesetzt, mitreißende Vorträge gehalten oder gemeinsame Veranstaltungen organisiert.

Die Preisträger erhielten jeweils eine Schweizer Armbanduhr – als Symbol für eine zukunftsorientierte Planung. Gestiftet wurden die Uhren von Dr. h.c. Michael Klett, dem Vorsitzenden des Hochschulrates der Universität Würzburg.

Synergie-Effekte, Ergebnisse, Strukturierung

„Das BEBUC-Stipendien-Programm ist in vielerlei Hinsicht einzigartig: Es verbindet Exzellenz, Interdisziplinarität und Internationalität mit privaten Patenschaften und einer intensiven Betreuung der Stipendiaten, vom Gymnasium bis zur Professur“, erklärt Bringmann. Das soll helfen, den Teufelskreis von Überalterung, sinkender Qualität, Nachwuchsmangel und Hoffnungslosigkeit an kongolesischen Universitäten zu durchbrechen.

Das Konzept geht offensichtlich auf: „In der Tat entwickeln sich die Stipendiaten in jeder Hinsicht außerordentlich gut: Sie erzielen herausragende Ergebnisse, studieren in viel kürzerer Zeit als die nicht geförderten Kommilitonen, und ihr Englisch macht große Fortschritte“, so Bringmann. Noch wichtiger sei es, dass die Konkurrenzfähigkeit der Stipendiaten im Ausland zunehme. Ablesbar sei das an internationalen Preisen und Auszeichnungen, die BEBUC-Stipendiaten in jüngster Zeit erhalten haben, zum Beispiel Stipendien von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit oder vom Deutschen Akademischen Austauschdienst.

Positiv ist das auch für die Universität Würzburg, denn einige der besonders guten Stipendiaten möchten hier gerne ihre Master- oder Doktorarbeiten anfertigen. So kommen schon zum 1. April 2012 drei Studierende der Chemie und Pharmazie nach Würzburg. Zugleich wachsen die beteiligten kongolesischen Unis enger zusammen, mit gemeinsamen Ausrüstungen und Strukturen. Dabei entwickeln sich viele Synergien.

Enge Zusammenarbeit mit der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung

Das Stipendien-System arbeitet mit vielen Einrichtungen und Institutionen zusammen. Besonders intensiv ist die Kooperation mit der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung. Diese unterstützt das Projekt zur Wiedererstellung der Exzellenz im Kongo als Modellfall auch für andere afrikanische Länder in mehreren Projekten des Würzburger Fördervereins Uni Kinshasa. Eine besondere Rolle spielen auch die zahlreichen persönlichen Paten.

Zukunftspläne für den Kongo

Der Ausbau des Stipendien-Systems soll in den kommenden Jahren in großen Schritten weitergehen. Für 2013 und 2014 stehen insbesondere die Einbeziehung der Zentren im Norden (Kisangani und Umgebung) und im Süden (Lubumbashi und Umgebung) an. Dieser Aufbau soll bis etwa 2018 abgeschlossen sein. Von zunehmender Bedeutung für den Kongo werden auch Süd-Süd-Kooperationen sein, zum Beispiel mit südafrikanischen Universitäten. Solche Partnerschaften wollen Gerhard Bringmann und seine Kollegen in Zukunft aufbauen und vertiefen.

In allen Phasen der Ausbildung – vom Gymnasiasten bis zum Rückkehrer – gibt es nun aussichtsreiche junge Stipendiaten im Kongo. „Wir sind überzeugt, dass wir schon in kurzer Zeit die ersten 'BEBUC-Professoren' haben: Junge, exzellente Hochschullehrer, die die Professorenschaft im Kongo verjüngen und das Niveau anheben werden – und uns bei unserer Aufgabe mit Rat und Tat helfen werden“, so Bringmann.

The BEBUC Scholarship System: Many New Partners in the Congo (english version)

Le Système de Bourse BEBUC: Florilège de Nouveaux Partenaires au Congo (version française)

Kontakt:

Prof. Dr. Gerhard Bringmann, Institut für Organische Chemie der Universität Würzburg,
T (0931) 31-85323, bringman@chemie.uni-wuerzburg.de

Förderverein Uni Kinshasa: zur Homepage 

Quelle: einBLICK 20.03.2012

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