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THE BRINGMANN GROUP: BIOACTIVE COMPOUNDS FROM NATURE

Neue Wirkstoffe gegen Infektionen

01.12.2013

Neue Antibiotika werden dringender denn je benötigt, um im Kampf gegen resistente Bakterien und neu auftauchende Krankheitserreger bestehen zu können. Zu diesem Schluss kamen Wissenschaftler aus Industrie und Forschung bei einer internationalen Tagung an der Uni Würzburg.

Wissenschaftliche Diskussionen an den Postern auch in den Kaffeepausen: Bei der Tagung des Sonderforschungsbereichs 630 der Uni Würzburg. (Foto: Jan Wendrich)

„Multiresistente Keime verursachen schwere Infektionen, die sogar häufig erst im Krankenhaus erworben werden. Besonders schwerwiegend ist die Situation bei gram-negativen Bakterien“, so Peter Hammann von Sanofi-Aventis, einem der letzten großen Pharmaunternehmen, die noch auf dem Gebiet der Antibiotikaentwicklung forschen. Für multiresistente Pseudomonas zum Beispiel gebe es nur noch ein einziges wirksames Antibiotikum. Diese Bakterien verursachen Lungenentzündungen und andere gefährliche Infektionen.

Hammann sieht die Chance auf neue Antibiotika vor allem in der Nutzung von Naturstoffen. Diese allerdings müssten mit neuen chemisch-synthetischen Methoden erforscht werden; zudem seien ihre besonderen molekularen Eigenschaften noch besser zu ergründen.

Schlafkrankheit und Orientbeule

Auch bei den sogenannten vernachlässigten, weil mit Armut assoziierten Krankheiten wie der afrikanischen Schlafkrankheit oder der Orientbeule (Leishmaniose) werden neue und kostengünstige Medikamente dringend benötigt. „Wir haben in allen Bereichen sehr aus den vergangenen Misserfolgen gelernt“, sagte Alain Fairlamb von der „Dundee Drug Discovery Unit“, die sich vor allem der Bekämpfung dieser vernachlässigten Krankheiten widmet.

Fairlamb zeigte einige Erfolge auf, die Hoffnung machen. So befinden sich zwei verschiedene Substanzklassen in der fortgeschrittenen präklinischen Entwicklung gegen das erste Stadium der Schlafkrankheit, und auch gegen die Leishmaniose gibt es ausgewählte Wirkstoff-Kandidaten.

Fexinidazole zum Beispiel ist ein Wirkstoff, dessen Aktivität gegen den Erreger der Schlafkrankheit schon 1978 erkannt wurde. Doch erst vor einigen Jahren wurde er „wiederentdeckt“ und weiterentwickelt. Derzeit wird er in klinischen Studien sowohl gegen die Schlafkrankheit als auch gegen eine schwere Form der Leishmaniose geprüft.

Universitäten und Industrie als Partner

Fairlambs Kollege Simon Croft von der „London School of Hygiene and Tropical Medicine“ sieht ebenfalls Grund zur Hoffnung – vor allem wegen der wachsenden Partnerschaften zwischen der universitären Forschung und der Industrie in Form von unabhängigen Produktentwicklungsgesellschaften wie „Drugs for Neglected Diseases Initiative“. Diese Gesellschaften werden durch Spenden, öffentliche Gelder und die Industrie finanziert.

Croft wies allerdings darauf hin, dass die Forschung noch vor großen Herausforderungen stehe, dass standardisierte Messverfahren nötig seien und wesentlich bessere Modelle, um die Wirkung, aber auch die effektive Konzentration eines Wirkstoffes im Körper vorhersagen zu können.

Fächerübergreifende Anstrengungen nötig

Nicht nur Naturstoffchemiker und Biologen lieferten wertvolle Beiträge zur Tagung. Getreu deren Titel „Novel Agents Against Infectious Diseases – An Interdisciplinary Approach“ zeigten Pharmazeuten, physikalische und theoretische Chemiker bis hin zu Mathematikern in beeindruckender Weise, dass nur gemeinsame Anstrengungen in fächerübergreifenden Kooperationen zum Erfolg führen können.

Sonderforschungsbereich als Erfolgsgeschichte

Veranstalter der Tagung (20.-22. November 2013) war der Würzburger Sonderforschungsbereich 630 „Erkennung, Gewinnung und funktionale Analyse von Wirkstoffen gegen Infektionskrankheiten“, der seit zehn Jahren an der Universität forscht. Er besteht derzeit aus dreizehn Gruppen aus vier Fakultäten und dem Missionsärztlichen Institut.

„Der SFB ist mit über 400 gemeinsamen Veröffentlichungen eine wahre Erfolgsgeschichte“, freut sich sein Sprecher Professor Gerhard Bringmann. „Mittlerweile gehen wir auch in die translationale Richtung der Wirkstoffentwicklung, mit guten Leitsubstanzen, die im Tiermodell wirken, und mit einer pharmazeutischen Technologie an Bord, die effiziente Formulierungen entwickeln kann“.

Zur Homepage des SFB 630: www.sfb630.de

 

Artikel von einBlick, das Onlinemagazin der Universität Würzburg

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